Jeden Tag werden Milliarden Emojis über Handys, Tablets und andere digitale Geräte versendet. Nach ihrer Einführung Ende der 1990er Jahre entwickelten sich Emojis ab 2010 zu einem weltweiten Phänomen der Massenkommunikation. Sie haben unseren alltäglichen Umgang mit Piktogrammen, also Informationen, die über ein System von Bildern vermittelt werden, nachhaltig verändert. Die heute weit über 3.000 standardisierten Emojis sind im privaten Chat und in den Social Media ständig präsent. Sie spiegeln die Sehnsucht nach Gefühlsäußerungen in einer hoch funktionalen, globalisierten Welt. Aus heutiger Sicht werfen die populären Emojis und ihre Geschichte spannende Fragen auf, denen diese Ausstellung nachgeht.
Die Ausstellung gliedert sich in drei Teile, diese werden wir hier kurz vorstellen. Mittels klicken der Bilder, gelangst du in die vertiefenden Kapitel.
In was für einer »Gesellschaft der Zeichen« wollen wir leben? Diese Ausstellung erschließt die Bedeutung und die formalen Möglichkeiten, die dem Piktogramm seit 100 Jahren zugrunde liegen, neu.
Die Gesellschaft der 1920er Jahre, in dem das moderne Piktogramm entsteht, ist politisiert. Im »Roten Wien« erschaffen Otto Neurath, Gerd Arntz und Marie Reidemeister die »Methode der Bildstatistik«. Wie in einem Brennglas werden hier Kernfragen einer »Gesellschaft der Zeichen« verhandelt, die bis heute fortwirken: Die breite Beteiligung der Bevölkerung, die immer die Gefahr von – politischer – Beeinflussung in sich trägt, die Utopie einer Universalsprache, die sich an kulturellen Identitäten stößt – und, last but not least, wieviel Kunst das Gebrauchszeichen eigentlich braucht.
Gerd Arntz meinte bereits 1930, dass es eine Verbindung zwischen Kunst- und Gebrauchszeichen geben müsse. Otl Aicher setzt dagegen 1972 im Bildsystem für die Olympischen Spiele München zunächst auf maximale Funktionalität. Auf Otl Aicher wiederum reagiert eine Reihe von Künstler*innen mit ihren sehr persönlichen Gegenentwürfen. Hinter jedem dieser Ansätze steckt eine bestimmte Vorstellung davon, wie eine künftige Gesellschaft aussehen kann.
Im Kapitel Eine visuelle Weltsprache finden Sie mehr Information zu dem Thema.
Mit Werken von:
Otl Aicher, Antje Ehmann / Harun Farocki, Pati Hill, Warja Lavater, Yukio Ota, Wolfgang Schmidt
Vierzig Jahre nach den ersten modernen Piktogrammen aus Wien entwickelt Otl Aicher (1922–1991) das Zeichensystem für die Olympischen Sommerspiele in München 1972. Durch ihre reduzierte Formensprache sind die Piktogramme klar, wiedererkennbar und schnörkellos funktional. Ein Raster definiert die genauen Maße für die Proportionen und Winkel der Zeichen. Sie bebildern die verschiedenen Sportdisziplinen und sind Teil des Leitsystems für das internationale Großereignis.
Für die Entwicklung seines Zeichensystems greift Aicher auf die Arbeit der Wiener Bildstatistik zurück. Auch die Sport Piktogramme der Olympiade 1964 in Tokio beeinflussen seine Entwürfe. Neu ist an Aichers Design, dass die Orientierung im öffentlichen Raum und das gesamte Erscheinungsbild – von der Architektur über Wegweiser bis zu den Eintrittskarten – ineinander greifen. Damit gilt er als Wegbereiter des »Corporate Design«. Seine Informationssysteme stehen aber auch für ein Ideal gesellschaftlicher Organisation. Bis heute prägen die Piktogramme aus dem Büro Otl Aicher mit über 700 Motiven den öffentlichen Raum.
Aichers Design verkörpert den gesellschaftlichen Wandel der 1960er/70er Jahre in Deutschland. Die auf Disziplin und Autorität basierende Gesellschaft öffnet sich den neuen demokratischen Entwicklungen. Mit seinen funktionalen Piktogrammen setzt sich Aicher bewusst ab von der emotional aufgeladenen Bildsprache national sozialistischer Propaganda und verfolgt die Idee einer weltoffenen, universellen Verständlichkeit.
Lesen Sie mehr über die Neuausrichtung der Zeichen in diesem Kapitel.
Mit Beiträgen von:
Moritz Appich, Johannes Bergerhausen, Jonas Grünwald, Juli Gudehus, Ilka Helmig, Bruno Jacoby, Lilian Stolk, Edgar Walthert
2020 gibt es über 3.000 vereinheitlichte Emoji Zeichen. Seit 2009 bestimmt das Unicode Konsortium für jedes Emoji eine Unicode Nummer (z.B. »U+1F92F«) mit einer zugehörigen Beschreibung (»exploding head«). So können Emojis auf nahezu jedem Unicodeunterstützten Endgerät dargestellt werden, auch wenn sich die Emojis in der grafischen Gestaltung jeweils unterscheiden. Diese Univer salisierung der Zeichen hat zu ihrem Erfolg beigetragen.
Aber was wird als Zeichen in den EmojiKatalog aufgenommen und was nicht?
Die Abstimmung über neue Emojis ist immer auch ein Verhandlungsprozess über die Sichtbarkeit und Darstellung von Dingen. Tiere, Obst und Gemüse, Sportarten, aber genauso geht es um Gefühle, Minderheitengruppen oder Geschlechterrollen. Wie und ob Hautfarbe, Alter, Krankheit, Mädchen / Junge / drittes Geschlecht, Wohnen, Essen oder sexuelle Handlungen dargestellt werden, ist auch eine politische Frage. Wie funktioniert die Auswahl und wer ist das Unicode Konsortium? Woher kommen die Ideen für einzelne Emojis ursprünglich? Wie kommuniziere ich bewusst und unbewusst mit Bildzeichen?
Mehr Details im Open Emoji Research.
Da die Ausstellung coronabedingt am 3. November letzen Jahres geschlossen werden musste, ist die Laufzeit bis zum 11. April 2021 verlängert worden. Wir hoffen, dass dadurch Besucher*innen noch die Möglichkeit bekommen, die Ausstellung in Düren zu besuchen.
Aktuelle Informationen zu den Öffnungszeiten in Düren unter Leopold-Hoesch-Museum.
Ab dem 6. Mai 2021 wird die Ausstellung im Museum für Neue Kunst, Freiburg zu sehen sein.
Kurator*innen: Michaela Stoffels, Anja Dorn und Maxim Weirich.
Hier finden Sie den offiziellen Pressetext zur Ausstellung. Für hochauflösende Bilder und mehr Information wenden Sie sich bitte an Helen Wobbe H.Wobbe@dueren.de vom Leopold-Hoesch-Museum, Düren.
Alle auf dieser Webseite publizierten Bilder dürfen nicht ohne Vereinbarung mit dem Museum oder den jeweiligen Urhebern anderweitig publiziert werden.
Fotos der Ausstellung und deren Besucher*innen sind gemacht durch Peter Hinschläger.
Alle Poster, Ausstellungstafeln und der Katalog sind erstellt entworfen durch Eva-Maria Offermann. Die Postermotive verwenden piktografische Zeichen von Wolfgang Schmidt, Yukio Ota, Gerd Arntz und Lilian Stolk. Die verwendete Schrift auf den Postern und in der Ausstellung ist die PX Grotesk der Schweizer Foundry Optimo.
Für die Webseite wir die IBM Plex verwendet, welche durch Mike Abbink und Bold Monday für IBM als neue Hausschrift entwickelt wurde und durch das Unternehmen gratis zugänglich gemacht wird.
Diese Webseite wurde möglich gemacht durch die ehrenamtliche Arbeit von Maxim Weirich und Edgar Walthert mit der freundlichen Genehmigung des Leopold-Hoesch-Museums und der Unterstützung des Museums für Neue Kunst, Freiburg.
Mehr Informationen über die Webseite und die Gesellschaft der Zeichen finden Sie im Impressum.